Als ich ein Kind war gab es in manchen Schlössern, die wir besichtigten, und auch in einigen Büchern „Orangerien“. Das klang geheimnisvoll. So exotisch und grandios, nach Marmorbrunnen und Kolibris. Ein Wort mit einem Duft und einem Traum und einem Abenteuer darin. Ich dachte, es müsste schön sein, eine Orangerie zu besitzen.

Heute habe ich einen mit Geräten vollgestopften Gartenschuppen mit einem Plexiglasdach und einem Frostwächter. Orangen gedeihen aus unerfindlichen Gründen nicht besonders gut bei mir, aber umso mehr die Zitronen. Im Sommer draußen, im Winter zwischen Hacken, Stuhlkissen, Düngerpackungen und Gartenschläuchen. Wenn ich bei Schnee und Frost Zitronensaft möchte, gehe ich pflücken und erfreue mich an dem Duft. Mein Traum ist damit durchaus in Erfüllung gegangen, völlig grandios genug auch ohne Marmorbrunnen und Kolibris. Abenteuer suche ich nicht mehr, mein Garten ist immer eines. Und manchmal wird eine Orangerie eben eine Zitronerie. Das ist gut so.

sie an ihrem silbrigen Plüsch fortsegeln läßt an einen Ort, an dem sie gedeihen können. Und ich dachte mir: Genauso müssten wir es auch machen. Die Schönheit auskosten, die gerade das Wahre ist. Die Zeit der Ruhe genießen als das Geschenk, das sie ist und sein soll. Darauf vertrauen, dass die Leichtigkeit und der Aufbruch genau dann kommen, wenn es an der Zeit ist. Bis dahin ist es mehr als genug, den Glanz zu schauen.
Etwas am Blumenpflücken macht den Tag leicht, vor allem wenn es mitten im Winter ist. Es ist ein bißchen wie Barfußgehen im Kopf, wie bei Morgentau im taunassen Gras herumhüpfen oder im Regen lachen – es ist eines von den ganz einfachen Dingen, die unkompliziert glücklich machen. Und noch mehr, wenn sie auch noch zu einem unerwarteten Zeitpunkt kommen.
Und dann merkst, du, dass selbst hier jemand ein bißchen Garten untergebracht hat. Dass Stadtplaner, Architekten, Fliesenleger bei aller Arbeit und Sachlichkeit doch daran gedacht haben, was den Mensch ausmacht. Was er in der Tiefe braucht, um zu atmen und zu träumen. Sie haben selbst hier im ansonsten gnadenlosen Bauch der Stadt ein bißchen Garten geschaffen, manchmal sogar einen ganzen Wald. Jedenfalls die Erzählung davon, die Erinnerung, die Hoffnung. Manchmal genügt das, um die Seele durch den Tag zu bewegen, so wie es die Bahn mit dem Körper tut.




Die kurzen Tage genügten ihnen, um mir seitdem jeden Tag Blüten in den kahlen Garten zu streuen.