Dickes Hühnchen

Früher mochte ich die von den Kindern gern auch als Dickes Hühnchen bezeichnete Fette Henne nicht besonders. Das hat sich gründlich geändert. Ja, sie kommt ein wenig stoisch daher und hat so gar nichts poetisch Filigranes – es sei denn, man betrachtet die wp-1581182021109.jpgBlüten mal genauer. Aber sie hat jede Menge gute Eigenschaften, und das macht sie unwiderstehlich. Vielleicht musste ich ein gewisses fortgeschrittenes Alter erreichen, um sie richtig zu würdigen.  Jetzt im Frühling ist sie eine der Ersten, die ungerührt von Grau und Kälte jenes zugewandte Wachsen in Angriff nimmt, das sich nun gehört. Zweifel kommen bei ihr gar nicht erst auf. Der Sturm ficht sie nicht an, ich glaube, sie bemerkt ihn gar nicht. Voller Optimismus zieht sie grüne Kreise. Was getan werden muss, vollzieht sie, und noch etwas mehr. Sie macht Mut. Sie ist bescheiden. Wenn man sie nicht gießt, ist es ihr schnuppe. Und auch, wie man sie nennt. Sie bleibt sie selbst. Man kann sich in vielerlei Hinsicht ein Beispiel an ihr nehmen.20190904_163229.jpg

Es gibt sie inzwischen in allen Farben des Spätsommers und Herbstes, und diese Farben glühen auch noch unbeirrt, wenn vieles andere schon aufgegeben hat. Und alles was summt und brummt liebt ihre Blüten. Ich jetzt auch. Sie darf sich in Lucys Garten gern ausbreiten. Auch wenn ich dann manchmal drumherumlaufen muss, um das ganz schön dicke Hühnchen.

Der bunte Anfang

wp-1579535094058.jpgEtwas am Blumenpflücken macht den Tag leicht, vor allem wenn es mitten im Winter ist. Es ist ein bißchen wie Barfußgehen im Kopf, wie bei Morgentau im taunassen Gras herumhüpfen oder im Regen lachen – es ist eines von den ganz einfachen Dingen, die unkompliziert glücklich machen. Und noch mehr, wenn sie auch noch zu einem unerwarteten Zeitpunkt kommen.

Der erste Blumenstrauß im Jahr trägt den ganzen Frühling und Sommer in sich. Er ist das Samenkorn, in dem die gesamte Freude am kommenden Wachsen gründet. Darum darf er auch ganz klein sein.

Er ist ein auch bißchen wie ein Brief vom Garten, eine Nachricht, dass dieser nun erwacht, in aller angemessenen Ruhe.

Ich pflücke nur die Blüten, die der Wind oder die Amsel geknickt hat oder die irgendwo unter schweren Zweigen erdrückt werden.

Der Rest bleibt unter dem Himmel, unter den er gehört. Sie sollen ja auch all den anderen Keimlingen Mut machen die sich, noch unsichtbar, unter der Erde hocharbeiten. Die in der Vase aber, die schenken ihn mir – den Mut.