
Nachdem die alte Zeder gefällt werden musste, diente ihr Stamm lange als Sitzgelegenheit. Mittlerweile wird er allmählich zu Erde, wie es sich gehört. Die Wildbienen sind lieber in die natürlichen Löcher im Holz gezogen als in das Insektenhaus, auch wie es sich gehört. Die letzten Tage lag Schnee darauf, den die Sonne nun sanft fortgeschoben hat. Darunter richtet sich eine tapfere kleine Gesellschaft den Hut und reckt sich. Sie spielt eine große und wichtige Rolle bei diesem natürlich Recycling, bei dem Alt in neue Nährstoffe verwandelt wird.
Aber ich kann nicht anders – ich sehe sie munter aufbrechen, eine Völkerwanderung heiterer Wesen , die aussieht, als mache sie sich auf den Weg in das Insektenhaus. Ich sehe sie einen Ball feiern, einen Tanz in den März, eine frühlingstrunkene Polonaise. Je länger ich hinsehe, desto mehr und fröhlicher bewegen sie sich.
Meine liebe, sehr geschätzte Lektorin würde solche Phantasien streng aus meinen Romanen streichen, sollten sie dort hineingeraten. Sie hat eine Allergie gegen alles Kindliche und findet, das steht Erwachsenen nicht zu. Ich sehe das ganz anders, und außerdem: wie soll man im Frühling nicht zum Kind werden, und vor allem – warum nicht? Im Roman darf ich es nicht, im Garten aber unbedingt. Im Garten bin ich ja Lucy.
Als ich neulich auf der Suche nach einem Pseudonym war, meinte meine liebe, sehr geschätzte Agentin, dass Lucy nicht ginge, weil es zu jung klänge. In der Welt der Bücher also darf ich nicht Lucy sein. Im Garten aber schon, ganz ungeniert. Im Garten darf ich alles. Da nehmen mich die Pilze bei der Hand, leihen mir einen Hut und lassen mich mit ihnen tanzen und das Holz schmecken. Dort bleibt der Löwenzahn dick und gelb und honigduftend im Beet stehen bis ich Pusteblumen pusten kann, und da knie ich im Schlamm, um Seifenblasen zu fotografieren, mit denen ich den Himmel fangen und die Welt auf den Kopf stellen kann. Da lege ich mich auf Augenhöhe zu den Bienen, um den Glanz auf ihren Flügeln zu sehen und freue mich wie ein Itsch über den ersten Zitronenfalter, der verschlafen und so sonnensüchtig wie ich über mir durch das Goldhimmelsilberrosablau torkelt.
Heute bin ich fünf Jahre alt, und morgen wahrscheinlich auch, und es kann durchaus bis zum Herbst und den bunten Blättern dauern oder auch bis der Schneemann wiederkommt, der gerade geschmolzen ist. Es ist gut so, und wenn irgendjemand sich herausnimmt, etwas anderes zu behaupten, dann werden sich die kleinen Pilze schützend um mich versammeln und denjenigen herzlich auslachen.


Sehr schön, diese ersten Frühlingsboten. Gerade in dieser so seltsamen Corona Zeit freut man sich über Kleinigkeiten. Ein Blümchen, ein nettes Wort oder ein Lächeln.
Leider komme ich seit einiger Zeit nicht mehr auf Deine Facebook Seite und kann Deine tollen Fotos nicht mehr anschauen. Das ist sehr schade.
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Probier einmal, ob es jetzt wieder geht.
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Wunderschöne Fantasien, die der Mensch, egal wie alt, unbedingt braucht. Finde ich. Schade dass immer andere meinen besser zu wissen was einem passt und was für einen gut ist. Schade um die Lektorin, ihr fehlt da ein wichtiges Gen würde ich keck behaupten 😉 Schön dass Du den Garten hast, der Dich schützt, und mit Dir alle Fabelwesen, die es ja nun mal gibt. Würde dem Roman auch sehr zugute kommen, und Lucy ist nicht zu jung oder zu alt sondern schön! So, das musste mal gesagt werden.
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Danke, aber nein, ich denke, in den Romanen hat sie oft recht 😀
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Na okay, Du weißt das sicher besser 😀
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Ich nicht. Aber meine Vernunft. 😀
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Liebe Lucy!
Ich bin gerne mit Dir zusammen 5 Jahre alt 😉! Es gibt einfach zu viel zu entdecken, um immer „erwachsen“ zu sein! Plötzlich sind da Polonaise-tanzende Pilze, Baumgesichter, Fußspurenengel, Feuerhasen oder auch Blumenmädchen. Und alle machen das Leben reicher und fröhlicher und lebendiger 😀.
Ich finde sie prima, Deine fröhlich-tanzenden Gesellen mit Hut 😀 und sehe Dich mitten unter ihnen 😉!
Liebe Grüße !
Christina
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Und Du bist auch dabei 😀
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😉
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Oh wie gut Ihre Worte tun🌷🌷🌷
Gerne immer wieder Kind sein und die Natur genießen, Teil davon sein ….und träumend der Phantasie ihren Lauf lassen 🌷🌷🌷
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Liebe Lucy
Die „Wanderungen mit Hut“ tun echt gut! Danke für all Deine schönen Geschichten. Und bitte….schreib weiter so, dass es unsere (Kinder-)Seelen berührt und uns träumen lässt!!! Genau das ist heute doch wichtiger denn je. Dass wir wieder mit dem Herzen sehen, mit den Augen lächeln und uns bewegen, wie wir das als Kinder taten: lebenslustig, mit Schalk, abenteuer-gwundrig und ein bisschen über-mu(e)tig! Auf Sonnestrahlen tanzen, über Regenbogen rutschen, in Pfützen springen und auf Wolken um die Erde segeln.
„Lucy“ klingt für mich „zeitlos-jung“….
Ich wünsche Dir einen wunderschönen (Garten-)Tag und sende herzlich-sonnige Grüsse aus der Schweiz
soNja
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Liebe Sonja, dankeschön! Abenteuer-gwundrig ist ein schönes Wort. Ganz herzliche Grüße zurück und einen zauberhaften Frühling! Patricia
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Liebe Lucy,
ich finde es so wunderschön mit einer Kinderseele durch die Natur zu gehen. Wir sollten uns am besten alle dieses Stück „Kinderseele“ bewahren. Es tut so gut, es streichelt einen, bringt einen zum Lachen, aber oft doch auch zum Weinen..Manchmal denke ich auch, dass es etwas verrückt ist, in meinem hohen Alter, so kindliche Gefühle zu entwickeln, aber „so what“ , wenn es mir Freude macht!
Liebe Patricia, schreibe weiter so wunderbar und ganz liebe Grüße
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Das ist nicht verrückt 🙂 Herzlich, Patricia
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„Sie hat eine Allergie gegen alles Kindliche“…da kenne ich doch noch jemanden…Herbert Klimmroth heißt der wohl?! Aber etwas davon steckt vielleicht auch in Siegfried und vielen Redakteuren, Lektoren und denen, die bei Verlagen etwas zu sagen haben. Hm, es ist sicher eine Gradwanderung in einem Roman. Mir würden Ausflüge ins Kindliche jedenfalls besser gefallen als nüchtern wissenschaftliche Fakten. Man darf auch in einem Roman etwas dazulernen und aktuelle Themen mit Leichtigkeit verknüpft aufnehmen dürfen. Lieber auch als häufige Pärchenbildung der Menschen, wenn es nicht ein ausgesprochener Liebesroman ist.
Die Vorfreude aud „Träume der Bienen“ ist groß!
Liebe Grüße,
Syntaxia
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