Nein, das ist kein Rechtschreibfehler. Dieser Tage sehe ich die Bienen und so viele andere, teils noch ein wenig verschlafene Insekten in Lucys Garten und überall drumherum. Ich genieße ihre hoffnungsfrohe Gesellschaft und ich sehe, wie sie ihre beneidenswert beweglichen langen Fühler in diese zarte, farbendurchtränkte Welt strecken, so weit in alle Richtungen, begierig nach Licht und Aromen und ihren jeweils eigenen Frühlingsplänen. Mir ist genauso zumute, und auch wenn unsere Fühler anders aussehen, wir besitzen sie auch! Also: Schuhe aus, und das erste Mal barfuß durch den Garten in diesem Jahr. Und dann fühle(r)n.

Das Fühlern ist so neu wie damals in der Kindheit, jedes Jahr wieder, auch nach sechundfünzig Jahren. Das junge Gras. Sonnenwarmes Holz, schattenkühles Holz. Kies und Steine. Kleine Äste. Moos und Klee. Trockener Sand und feuchte, fruchtbare Erde, deren Duft aufsteigt, wenn man sie berührt. Eine Fülle von Wahrnehmung unter den nackten Solen, die noch so empfindlich sind jetzt nach dem langen Winter. Doch diese Empfindsamkeit macht hellwach, und der Hautkontakt zum Boden, zu unserem Planeten, beglückt ganz unmittelbar. Abends werde ich irgendwann versuchen, die Erdspuren abzuwaschen und es wird ein Rest bleiben, der sich nicht entfernen lässt, weil unsere Haut und die der Erde einander doch so nahe und ähnlich sind, wenn man es nur nicht vergißt und auf dem Boden der Tatsachen bleibt. Diese Tatsachen sind doch im Grunde so einfach und so groß und so mehr als ausreichend. Das sehe ich im Gesicht jeder sich öffnenden Blüte.





Die pure Lebensenergie fließt von der Wiese, die gerade zu grünen beginnt, durch die Fußsohlen in mich hinein. Das ist so viel mehr als irgendein Fitnesstraining oder Entertainment. Das fühlt sich ganz und vollkommen und sowas von richtig an und ich finde, Barfußgehen im Frühling müsste ganz oben auf die Liste der schönsten Lebensereignisse. Dass wir fühlen können, ist ein Geschenk, aber das hier, in diesem Moment, an einem solchen Tag – da ist es eben mehr als Fühlen, da ist es Fühlern, dann können wir alle Sinne so weit und beweglich strecken wie die Insekten.
Dazu vielleicht noch das erste Eis am Stiel. Und wenn man diese ganze Glückseligkeit dann auch noch mit einem lieben Menschen teilen darf, der das Fühlern nicht nur versteht sondern ähnlich empfindet, dann ist es ohne Worte, dann ist es nur noch wie ein perfekt gelungenes Bild, voller zauberhafter Farben, Vogelmusik, Gerüchen und Geschmack und alten und neuen Erinnerungen, zeitlos und unzerstörbar.
Fühlern, das geht immer, auch in schweren Zeiten, sofern es nur die Gesundheit zulässt. Also, raus ins Grüne, und Schuhe aus, Leute!
Und frohe, gesunde und zuversichtliche Ostern! Es ist ein Fest der Erneuerung und Hoffnung für alle, egal welchen Glaubens oder ob ohne Glauben. Die Natur macht es uns vor. Und es gilt auch in diesem Jahr. Darum zünde ich euch noch eine Osterkerze an.
