Das kleine All zwischen den Geschichten

Die Zeit zwischen dem Schreiben zweier Bücher ist stets eine merkwürdig Schwerelose, eine Art Traum-Zeit. Die alten Figuren haben sich längst verabschiedet, die neuen stellen sich erst ganz langsam vor. Es ist, wie wenn man die Augen zusammenkneift um eventuelle Wesen besser sehen zu können, die aus dem Licht oder dem Schatten treten. Erst sind nur die Silhouetten ahnbar, dann die Gesichter. Irgendwann beginnen sie, ihre Geschichte zu erzählen, erst stumm, dann ganz leise, schließlich deutlicher. Das ist kein linearer Prozeß, sie tanzen mal hinein, mal hinaus aus dem Schärfebereich, spielen Verstecken hinter den Sonnenblumen, lachen aus der Ferne oder winken auffordernd um die Ecke.

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Der Garten ist ein guter Ort, um sie anzulocken, sich ihnen zu nähern, sich bekannt zu machen, ihnen zu lauschen und sich mit ihnen anzufreunden. Es gibt so viele Schätze zu sehen hier, für mich und für sie. Jeder davon erinnert uns daran, wie voll dieser Reichtümer das Leben ist.

Diese Zeit zwischen den Geschichten ist immer seltsam, als wäre der Boden weniger fest, die Tage ungenau. Diesmal dauert sie länger. Aufgrund von Corona verschoben sich Planungsgespräche und Verlagsverträge nahtlos bis zur Urlaubszeit, in der alles stillsteht und niemand da ist; Recherchereisen mussten von April auf August verlegt werden. Die Zeit wird mir später fehlen, aber dafür sprießen jetzt ungeordnete Ideen im Vakuum wie der Klee auf der Wiese. Im Gegensatz zu den Geschichten sind die Rotschwänzchen aus dem Nistkasten längst flügge. Immerhin, die Mohrrüben und Gurken sind lecker, auch die ersten dicken Tomaten reifen.

Und wenn es nach Sommer duftet und die Zeit auf geheimnisvolle Weise langsamer läuft, die ersten Grillen zirpen und ein paar selten gewordene Regentropfen im Gras funkeln, dann genügt es wohl auch einmal, die Gedanken nur wandern zu lassen, bis sie den Träumen begegnen und sich mit ihnen gemeinsam ganz ziellos auf einen Weg machen.

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11 Kommentare zu „Das kleine All zwischen den Geschichten

  1. auch bei diesen Worten wird meine Seele weit, wie bei deinen Büchern.
    Danke liebe Patricia, ich freue mich über jeden Gedanken, jedes Wort von dir.
    Hab viel Freude bei den Gesprächen und dem Gedankenaustausch mit den unbekannten und liebgewordenen Figuren. Ich freue mich schon sehr auf meine Begegnung mit ihnen.
    Liebe Grüße

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  2. Nach der Geschichte mit Remy war es mir als müsste ich nochmal Band 3 der Ostseetrilogie lesen um nochmal zu reflektieren was und warum die Geschichte so ging. Myra´s Geschichte. Übrigens liebe ich Myra am allermeisten von allen. Ich bewundere Sie . Wie schön das mann in den Büchern immer wieder auf alte lieb gewonnene Bekannte trifft. Vor allem musste ich nochmal nachlesen warum Remy sozusagen 3 Väter hat. Ich mag Theo sehr und die Geschichte darum. es hat nochmals vieles erklärt was ich wirklich vergessen hatte. Vielen lieben Dank Patricia

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  3. Liebe Patricia,
    ich wünschte ich wäre so einer Sprache mächtig … ich könnte ewig lauschen… wenn ich Ihre Texte lese, fühlt es sich an wie malen mit Wörtern – Danke 🙂

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  4. Ich lese gerade „Die Zeit der „Glühwürmchen“ und feiere jede Begegnung mit den Figuren aus deinen anderen Geschichten. Besonders lustig finde ich die Tatsache, dass ich nach langer Verletzungspause mit einem Jahr Verspätung jetzt endlich meinen Garten zu einem Wohlfühlort umgestalte. Meine „Glühwwürmchen“ sind 2 Holzbienen, die sich in einem alten Holzstapel angesiedelt haben. Für diese wunderschönen Geschöpfe verschiebe ich meine Pläne und mache alles was sonst noch auf meinen Zetteln steht, um dann im Herbst die Ecke in Angriff zu nehmen. Ein extra Stapel Altholz wird eingerichtet, damit noch mehr Holzbienen, Rosenkäfer, Bläulinge, usw. dort ein Zuhause finden. Wie auch schon bei der Ostsee-Trilogie entdecke ich soooo viele Parallelen. Du schreibst mir aus dem Herzen und mitten ins Herz! Danke!

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  5. Liebe Patricia,hast Du tatsächlich selbst einen Garten? Ja, es muss wohl so sein!
    Um so mehr freue ich mich auf Deine neuen Ideen. So hat man doch immer wieder etwas zum Freuen,wie wichtig ist das doch in unserer Zeit!
    Ich wünsche Dir noch viele gute Idden.Du bist wirklich die Beste!
    Liebe Grüsse Margarete

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