
Der zartgrüne, leuchtende Frühling ist geglückt und gegangen, ebenso das erste wilde, ausgelassene, überwältigende Blühen allerorten, das in einen Rosenrausch und die Sonnenwende mündete. Nun brechen die ruhigeren Tage an, warme, langsame, goldene Sommertage, eingerahmt von dichtem Dunkelgrün, begleitet von geheimnisvollem Gewittergrollen, das uns daran erinnert, dass wir nicht alles ordnen können und in der Hand haben. Die Grashüpfer beginnen allmählich, ihre Stimme zu erheben. Sie singen von Sommer, Liebe und den schönen Dingen im Leben und auch von der Kostbarkeit der Zeit. Und mit ihnen beginnen die Wochen der Taglilien. Sie kommen mit einem zarten, edlen Duft, in schlichter, stiller Eleganz, mit einer goldenen Tiefe, in der man versinken könnte. Und sie sind unermüdlich. Sie füllen die Lücken im Beet und schenken uns Reichtum, in aller Bescheidenheit. Dafür verwenden sie mit Großzügigkeit und Ehrfurcht alle Farben, die sie der Sonne abgeschaut haben, von Morgenapricot über Mittagsgold bis Sonnenuntergangsrot. Es gibt sie in zahllosen Formen und Größen, und sie alle sind sich einig: Der Grund ihres Seins ist, das Leben zu feiern. Heute. Jetzt. Länger öffnet sich die einzelne Blüte nicht. Der Tag ist ihr Königreich, die Gegenwart ihr Glück.
Meines auch. Ich kann mich nicht sattsehen an ihnen und an dem, was sie mich lehren. Ich stecke die Nase tief in jede, und dabei könnte ich von Morgens bis abends den Grashüpfern lauschen.
Nicht umsonst spielen sie beide eine tragende Rolle in einem meiner Romane, die Lilien und die Grashüpfer. Sie haben es verdient.




Farben, die sie der Sonne abgeschaut haben – schön gesagt und das trifft gewiss auf die Taglilien zu.
Liebe Grüße,
Syntaxia
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Danke, liebe Grüße zurück!
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